Und dann war der Tag, der 8.08. an dem alles beginnen sollte. Die letzten Monate habe ich so viel davon erzählt, mich vorbereitet und Abschiede gefeiert - aber der Tag kam und kam nicht näher. Es blieb sogar die Zeit, manche Abschiede mehrmals zu feiern - ich würde fast sagen, es gab eine Abschiedswoche. Und dennoch sitzt man dann am Ende im Zug auf dem Weg zum Flughafen und denkt sich: „Weiß ich eigentlich, was ich mir hier gerade vorgenommen habe? Habe ich mir das wirklich gut überlegt? Weiß ich, was ich dafür alles verlasse?“.
Nicht nur, dass ich meinen geradlinigen Berufsweg verlasse, meine wundervolle Arbeitsstelle und Lieblingskollegen - meinen ersten richtigen Job nach meinem Studium, mein hippiges, nie schlafendes Berlin, mit meiner unvergessichen WG - sondern auch meine allerliebsten Freunde und Familie, die ich immer um mich hatte. All das minimiert sich nun und und ich trage meine Liebsten digital mit mir - jederzeit erreichbar, jederzeit visuell aufrufbar, jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Vor was also hat man dann solch einen Respekt?
Als ich mich mit meiner Tante über meine Reise unterhalten habe, meinte sie folgenden Satz zu mir: „Naja Maja, wer irgendwo hinreist, reist auch von irgendwo weg.“ Das ist es wahrscheinlich, ich habe nicht nur Respekt vor dem was vor mir steht, sondern auch davor, was ich verlasse.
Nun hat meine Reise bereits begonnen und ich sitze im 18.378 entfernten Culverden in Neuseeland. Und ich habe das Gefühl, dass mich das Land mit offenen Armen empfangen hat. Bereits im Flugzeug, meinte es der Zufall gut mit mir und ich saß neben einem Farmer, der mich direkt zu sich eingeladen hat. Meine kurze, oberflächliche Erstwahrnehmung sagt mir also, dass das Land und vor allem die Farmer herzlich und offen sind.
Auf meiner Gastfarm fühle ich mich sehr wohl. Irgendwie sitzt man auf einer Farm schnell im gleichen Boot. Jeder muss mit anpacken, jeder wird dreckig und alle haben nicht viel mehr als nur die Hofanlage in unmittelbarer Umgebung. Wie schnell doch so ein Wandel geht? Da saß ich doch noch vor ein paar Wochen mit einem Kaffee zur Seite im Büro und meine wichtigste Frage war, ob die Onlinewelt läuft und ob es genug Content gibt - Und heute schlürfe ich mit Gummistiefeln im Matsch und frage mich, wie ich jetzt die Kälbchen alle ernährt bekomme.
Neben viel Schlamm, Kuhfladen, Holz hacken und Feuer machen erwische ich mich immer wieder dabei, wie ich mir folgendes denke: „Krass, was hatte ich doch vorher für ein entspannten Leben“. Ich hatte ein warmes Zuhause, einen immer vollen Kühlschrank mit allerlei Essen, bezahlbare Lebensmittel und nie Dreck unter den Fingernägeln. Natürlich ist das keine neue Erkenntnis, dass es mir vorher gut ging, das war mir schon immer klar. Was aber eine neue Erkenntnis ist, dass ich es unterschätzt habe, wie wertvoll doch alles ist und wie viel Arbeit es macht, wenn es eben anders ist.
Eine weitere Erkenntnis ist jedoch auch, dass ich es genauso wunderbar hier finde. Denn, wann hat man sich das letzte mal gefreut, dass es warm ist im Haus? Wann war man das letzte mal durch körperliche Arbeit müde? Wann war man das letzte mal so viel draußen - hat die Sonne auf und unter gehen sehen und war der Natur so nah?
Ich liebe es mich körperlich zu betätigen. Draußen zu sein. Manchmal ein bisschen überrumpelt zu werden, von dem was ich sehe und was ich machen muss. Ich liebe es - dass ich losgezogen bin. Das ich meine Komfortzone verlassen habe. Und das ich hier bin.
Hallo Neuseeland. Its me. Maja.
PS: Kennt ihr schon meinen Podcast? Zu finden auf Spotify unter " Agrarweltreise - der Podcast".
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